Was kostet eine geschlechtsangleichende Operation?
Für Personen, die sich nicht mit ihrem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht identifizieren, sind geschlechtsangleichende Operationen oft die einzige Lösung. Erfahre hier, was sie kosten und was deine Krankenkasse übernimmt.
Inhaltsverzeichnis
- Was kostet eine komplette geschlechtsangleichende Operation?
- Übernimmt die Krankenkasse die Kosten für die OP?
- Welche operativen Eingriffe sind erstattungsfähig?
- Erstattungsfähige Operationen Frau-zu-Mann
- Erstattungsfähige Operationen Mann-zu-Frau
- Was tun, wenn die Kostenübernahme abgelehnt wird?
- Risiken und mögliche Komplikationen bei der Transition
- Fazit: Geschlechtsangleichende Operationen kosten viel Geld und sollten reiflich überlegt sein
- Quellen
Viele Menschen, die sich im falschen Körper geboren fühlen, stehen vor enormen Herausforderungen. Mangelnde Selbstakzeptanz, gesellschaftliche Barrieren und Diskriminierung sind nur einige.
Laut einer internationalen Studie sind schätzungsweise 4,6 von 100.000 Menschen transgeschlechtlich. Der Zugang zu geschlechtsangleichenden medizinischen Maßnahmen ist jedoch häufig mit bürokratischen Hürden und hohen Kosten verbunden.
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Was kostet eine komplette geschlechtsangleichende Operation?
Eine Transition ist ein komplexer und aufwendiger Prozess. Wenn du dich als trans* Person für eine geschlechtsangleichende Operation entscheidest, solltest du dich auf einen langen Weg einstellen.
Die chirurgischen Eingriffe machen nur einen Teil der gesamten Geschlechtsangleichung aus. In den folgenden Bereichen können weitere Kosten anfallen:
- Hormonbehandlung: Bei der Hormontherapie werden Transfrauen in der Regel mit Östrogen und Transmänner mit Testosteron behandelt. Meist wird die Therapie von einem Endokrinologen durchgeführt und begleitet. Sowohl für die Behandlung als auch für die Medikamente fallen Kosten an.
- Chirurgische Eingriffe: Die geschlechtsangleichende Operation ist in der Regel der kostenintensivste Teil der Transition. Das wesentliche Ziel dabei ist es, die primären und sekundären Geschlechtsmerkmale zu entfernen oder nachzubilden. Häufig sind mehrere chirurgische Eingriffe notwendig, deren Kosten im fünfstelligen Bereich liegen können.
- Nachbehandlung: Im Anschluss an die OP fallen Ausgaben für die therapeutische und medizinische Nachsorge an. Auch dass man für einige Zeit arbeitsunfähig wird, sollte einkalkuliert werden.
- Psychologische Unterstützung: Vor, während und nach der Geschlechtsangleichung benötigen trans* Personen in der Regel psychologische oder psychiatrische Unterstützung.
Wie viel eine Geschlechtsangleichung insgesamt kostet, ist unterschiedlich. Ausschlaggebend sind vor allem der Umfang sowie die Dauer der Behandlung.
Die Gesamtkosten der Transition können von einigen tausend bis zu über 50.000 Euro reichen.
Übernimmt die Krankenkasse die Kosten für die Geschlechtsangleichung?
Sowohl die gesetzlichen Krankenkassen als auch die private Krankenversicherung übernehmen in der Regel die Kosten für eine Geschlechtsangleichung.
Dazu zählen geschlechtsangleichende Operationen ebenso wie die Hormontherapie und die begleitende Psychotherapie.
Um ein Recht auf Kostenerstattung zu haben, musst du die folgenden Voraussetzungen erfüllen:
Gutachten zur Einschätzung
Damit die Transition durchgeführt werden kann, benötigst du 2 Gutachten, die meist von einem Psychiater oder einer Psychologin ausgestellt werden.
Nach einem persönlichen Gespräch versucht dieser einzuschätzen, ob eine OP deinen Leidensdruck voraussichtlich mindern kann.
- Das erste Gutachten bestätigt, dass es sich bei der hormonellen und operativen Geschlechtsangleichung um einen medizinisch notwendigen Eingriff handelt.
- Das zweite Gutachten schließt psychische Erkrankungen aus.
Psychotherapie gegen übereilte Entscheidungen
Vor der geschlechtsangleichenden Operation musst du eine Psychotherapie absolvieren. Die Maßnahme soll sicherstellen, dass du die Entscheidung für eine Geschlechtsangleichung nicht übereilt triffst, sondern die Vorteile und Risiken bewusst reflektierst.
„Alltagstest“ von 12 Monaten
Menschen mit dem Wunsch einer operativen Geschlechtsangleichung müssen zuvor mindestens ein Jahr lang in der gewünschten Geschlechterrolle gelebt haben. Dies gilt sowohl für den privaten als auch den beruflichen Bereich.
Dieser „Alltagstest“ wird teilweise scharf kritisiert. Ein Gegenargument lautet, dass der Zeitraum von 12 Monaten zu lang ist.
Die betroffene trans* Person muss währenddessen völlig ohne Hormontherapie auskommen, was den ohnehin vorhandenen Leidensdruck noch erhöhen kann.
Welche operativen Eingriffe sind erstattungsfähig?
Für eine Geschlechtsangleichung sind in der Regel mehrere Operationen notwendig. Bei der Vorbereitung und Durchführung der chirurgischen Eingriffe arbeiten plastische Chirurgen, Urologen und Gynäkologinnen eng zusammen.
Lasse dir von deiner Krankenkasse vorab unbedingt schriftlich bestätigen, welche operativen Schritte erstattet werden. Bei der Anfertigung von Hilfsmitteln wie Penisepithesen aus Silikon oder rein kosmetischen chirurgischen Eingriffen erfolgt die Kostenübernahme nur in begründeten Einzelfällen.
Die im Folgenden aufgeführten geschlechtsangleichenden Operationen werden für trans* Personen von der Krankenkasse übernommen:
Erstattungsfähige Operationen Frau-zu-Mann
Maßnahme | Beschreibung |
---|---|
Mastektomie | Als Mastektomie wird die Entfernung der weiblichen Brust und der Brustdrüsen bezeichnet. Eine Brust-Mastektomie wird in Voll-Narkose durchgeführt und kann bis zu zweieinhalb Stunden dauern. |
Ovarektomie und Hysterektomie | Obwohl diese von außen nicht sichtbar sind, ist es vielen Transmännern wichtig, auch die Eierstöcke und den Uterus entfernen zu lassen. Dies geschieht bei einer sogenannten Ovarektomie (Entfernung der Eierstöcke) beziehungsweise Hysterektomie (Entfernung der Gebärmutter) |
Kolpektomie | Bei der Kolpektomie wird das Scheidengewebe, also die vaginale Schleimhaut, entfernt. Anschließend wird die Vagina verschlossen. |
Phalloplastik | Als Phalloplastik bezeichnet man den operativen Aufbau eines Penoids. Dabei wird meist ein Hautlappen aus dem Unterarm entnommen, um einen Penis zu konstruieren. Eine Alternative dazu ist die Oberschenkellappen-Technik, bei der der sogenannte ALT-Lappen („anterolateral thigh flap“) am vorderen seitlichen Oberschenkel verwendet wird. |
Erektions- und Hodenprothesen | Für die Implantation von Hodenprothesen wird ein Hodensack aus dem Hautmaterial der ehemaligen Schamlippen aufgebaut. Viele Transmänner wünschen sich außerdem eine Erektionsprothese. Es gibt verschiedene Prothesenarten, die teils mit einer Pumpe ausgestattet sind. Um herauszufinden, welches Modell für dich infrage kommt, solltest du dich mit deiner Ärztin oder deinem Arzt besprechen. |
Erstattungsfähige Operationen Mann-zu-Frau
Maßnahme | Beschreibung |
---|---|
Orchiektomie | Die Orchiektomie ist die Entfernung der Hoden. In der Regel werden bei dem Eingriff auch die Schwellkörper sowie Teile der Eichel und Harnröhre entfernt. |
Vaginoplastik | Nachdem eine Höhle unterhalb der Harnröhre und oberhalb des Enddarms geschaffen wurde, wird die Haut für die Neovagina vom Penis gelöst. Anschließend werden bei Vaginoplastik aus der Eichel und der anliegenden Haut eine Klitoris und Schamlippen geformt. |
Brustaufbau | Viele Transfrauen wünschen sich neben der Veränderung der primären Geschlechtsmerkmale auch eine operative Brustvergrößerung. Beim Brustaufbau werden meist Silikonprothesen implantiert. |
Was tun, wenn die Kostenübernahme abgelehnt wird?
Damit die Kosten für eine Geschlechtsangleichung übernommen werden, musst du zunächst einen Antrag bei deiner Krankenkasse einreichen.
Ob dieser bewilligt wird, entscheidet sich in der Regel innerhalb weniger Wochen nach Eingang deiner Unterlagen.
Wenn dein Antrag auf Kostenübernahme abgelehnt wird, ist das jedoch kein Grund zu verzweifeln. Manchmal liegt ein Missverständnis vor, oder es fehlen noch Dokumente.
Allgemein kannst du deine Chancen auf eine Kostenbewilligung durch die folgenden Maßnahmen erhöhen:
Lückenlose Dokumentation
Achte darauf, dass du das Antragsverfahren genau dokumentierst. Das gilt auch für mündliche Aussagen.
Nach einem Telefonat mit deiner Krankenkasse kannst du das Besprochene noch einmal in einer E-Mail zusammenfassen. Schicke diese E-Mail an deine Krankenkasse und bitte um Bestätigung.
Auch deine psychologischen und psychiatrischen Gutachten solltest du immer zur Vorlage parat haben.
Widerspruch
Gegen einen ablehnenden Bescheid deiner Krankenkasse kannst du Widerspruch einlegen. Oft ist dieser Schritt ausschlaggebend, damit dein Antrag nochmals genau angesehen und nach erneuter Prüfung bewilligt wird.
Risiken und mögliche Komplikationen bei der Transition
Neben der Frage, ob deine Krankenkassen die Kosten für deine Geschlechtsangleichung übernimmt, solltest dich unbedingt auch mit den gesundheitlichen Risiken der operativen Maßnahmen auseinandersetzen.
Obwohl die chirurgischen Möglichkeiten mittlerweile groß sind, sind Komplikationen bei der Geschlechtsangleichung nicht ausgeschlossen.
Zu den Risiken zählen unter anderem:
- Infektionen und Entzündungen der OP-Wunden
- unerwünschte Nebenwirkungen durch die Hormontherapie
- Verengung der Harnröhre oder Bildung von Harnröhrenhautfisteln
- ein Ergebnis der kosmetischen Eingriffe, das nicht den Erwartungen entspricht
- Verschiebung von Implantaten
- Verformung der Neovagina wegen schlechter Durchblutung
- sexuelle Gefühlstörungen und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr
- Komplikationen mit der Erektionsprothese
Darüber hinaus solltest du beachten, dass eine geschlechtsangleichende Operation nicht rückgängig gemacht werden kann. Deine Entscheidung sollte also reiflich überlegt sein.
Fazit: Geschlechtsangleichungen kosten viel Geld und sollten reiflich überlegt sein
Geschlechtsangleichungen kosten viel Geld. Maßnahmen wie die Entfernung der Gebärmutter und der Eierstöcke, Hormonbehandlungen und Psychotherapie schlagen meist mit fünfstelligen Summen zu Buche.
Bei trans* Personen werden die Kosten für eine Transition im Regelfall von der gesetzlichen oder privaten Krankenkasse übernommen. Sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Dein Antragsverfahren und die Kommunikation mit deiner Krankenkasse solltest du stets gut dokumentieren. So erhöhst du die Chancen, dass es mit der Kostenübernahme klappt, und hast zugleich etwas in der Hand, falls dein Antrag abgelehnt wird.
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Quellen
- Arcelus J, Bouman WP, Van Den Noortgate W et al. (2015); Systematic review and meta-analysis of prevalence studies in transsexualism. European Psychiatry 30(6):807–815
- Krieger N (2003) Genders, sexes, and health: what are the connections – and why does it matter? International Journal of Epidemiology 32(4):652–657
- Johnson JL, Repta R (2012) Sex and Gender. Beyond the binaries. In: Oliffe JL, Greaves L (Hrsg) Designing and Conducting Gender, Sex, and Health Research. Sage, Los Angeles, S. 17–37
- van Lisdonk J (2014) Living with intersex/DSD: An exploratory study of the social situation of persons with intersex/DSD. Netherlands Institute for Social Research, The Hague
- Allen J, Born S, Damerow S et al. (2021) Gesundheit in Deutschland aktuell (GEDA 2019/2020-EHIS) – Hintergrund und Methodik. J Health Monit 6(3):72–87