Erektionsstörungen: Wie kann Frau unterstützen?
Stress, Beziehungskonflikte oder Krankheiten – wenn die Lust verschwindet, kann es physische oder psychische Gründe haben, in jedem Fall macht Libidoverlust ganz schön viel Druck. Jedoch können beide Geschlechter einen Weg aus der Krise finden.
Bis sich ihr Mann entschließt, keinen Sex mehr mit ihr zu haben, führt Katharina* eigentlich eine glückliche Ehe. Danach folgen lange Diskussionen, Streit, Verzweiflung. Katharina ist verwirrt, verletzt, überzeugt, es müsse an ihr liegen. Ganze zwei Jahre dauert es, bis sich ihr Mann eines Abends betrinkt und es aus ihm herausplatzt: Sein Penis wird einfach nicht mehr steif. Die nächsten Monate verbringen sie bei Ärzten. Testen seine Testosteronwerte, lassen die Prostata untersuchen, den Blutzucker, das Cholesterin. Und finden nichts. "Ich weiß langsam nicht mehr weiter", schreibt Katharina in einem Forum. Sie probieren es mit Viagra, davon wird ihrem Mann nur übel. Auch die anderen Medikamente bringen nichts, außer Nebenwirkungen. Sie ist verzweifelt, ihr Mann auch. Was tun?
Erektionsstörungen bei Männern haben zugenommen
Biochemisch gesehen ist unsere Libido ein komplizierter und noch nicht von der Forschung entschlüsselter Vorgang. Wenn sie sich plötzlich rarmacht, sind die Ursachen oft nicht einfach zu finden. Sprechen wir zunächst über Männer: Laut einer Studie der Universität Köln haben rund fünf Millionen von ihnen Erektionsstörungen. Wie weitere Studien nahelegen, haben diese zudem seit der Jahrhundertwende zugenommen – während im Jahr 2000 lediglich jeder 43. Mann zumindest sporadisch Beschwerden hatte, traten sie 2017 bereits bei jedem zweiten auf. Zum einen kann dieser drastische Anstieg am gesteigerten Pornokonsum liegen, der oft desensibilisierend wirkt. Zum anderen sind im gleichen Zeitraum auch die sogenannten Zivilisationskrankheiten gestiegen – Übergewicht, Diabetes oder Herzerkrankungen, die unter anderem mit schlechter Ernährung, hohem Alkoholkonsum und Mangel an Bewegung zusammenhängen und den Penis möglicherweise "in die Knie zwingen".
Psychische Ursachen
Ab wann ist eine Erektionsstörung medizinisch bedenklich? Sporadische "Ausfälle" sind sicherlich noch kein Grund zur Sorge. Es ist auch völlig normal, wenn die Erektion nach zehn bis 15 Minuten nachlässt. Offiziell spricht der Verband deutscher Urologen von erektiler Dysfunktion, wenn die Erektion in mindestens 70 Prozent der Fälle nicht für einen Geschlechtsakt ausreicht. Dauert eine solche Phase mehr als drei Monate, sollten Männer den Arzt aufsuchen.
Bei der Ursachenforschung hilft die Frage: Verschwindet die Erektion nur beim Sex oder auch beim Masturbieren? Ist im zweiten Fall meist alles in Ordnung, könnten Stress, Depressionen oder latente Beziehungskonflikte den Penis erschlaffen. Auch schlechte sexuelle Erfahrungen wirken sich oft negativ auf die Erektion aus. Manchmal entsteht ein Teufelskreis: Stress macht den Penis schlapp, was noch mehr Leistungsdruck erzeugt, weswegen es beim nächsten Mal wieder nicht gelingt.
Bei seelischen Ursachen hilft es vor allem, sich von Druck freizumachen, auch wenn es leichter klingt, als es ist. Ein ehrliches Gespräch mit der Partnerin oder dem Partner kann bereits viel bringen – meist sehen sie das angebliche "Versagen" längst nicht so dramatisch wie man selbst. Oft meiden die Männer in dieser Zeit die Nähe zu ihrer Partnerin oder ihrem Partner und lassen ihn oder sie mit der Situation allein. Lieber sollten beide einen Weg finden, ihre Zweisamkeit trotz der Probleme genießen zu können.
Organische Ursachen
Auch organische Ursachen wie Bandscheibenvorfälle, ein Testosteronmangel sowie Medikamente wie Betablocker oder Antidepressiva können die Lust hemmen. Am allerwichtigsten ist es, eine Herz-Gefäß-Erkrankung auszuschließen. Erektionsprobleme können nämlich auf eine Verkalkung der Blutgefäße hindeuten. Dabei funktionieren sie wie ein Frühwarnsystem, da die Gefäße in dem Genitalbereich als erstes verkalken. Eine Erektionsstörung könnte also ein Vorbote des Herzinfarktes sein, weshalb es umso wichtiger ist, den Arzt aufzusuchen.
Therapien
Halten die Beschwerden also länger an und sind nicht nur sporadischer Natur, sollten Männer den Urologen aufsuchen. Die gute Nachricht: In den meisten Fällen sind Erektionsstörungen gut behandelbar. Je nach Diagnose kommen diverse Therapien infrage: Medikamentöse mit Viagra oder PGE-5-Hemmern, die die Blutgefäße erweitern sowie direkte Injektionen oder Tabletten, die in die Harnröhre eingeführt werden und die Muskulatur entspannen, sodass genug Blut durchströmen kann. Wer nicht gleich zu Medikamenten greifen will, kann es auch mit Beckenbodentraining versuchen. Bei leichten Erektionsstörungen schafft auch ein simpler Penisring Abhilfe. Wofür der Mann sich auch entscheidet, sollte er in jedem Fall zuerst mit dem Arzt sprechen.
Sex trotz Erektionstörungen
Man glaubt es kaum, aber auch mit einem schlaffen Penis kann Sex schön und befriedigend für beide sein. Gerade für Frauen dreht sich beim Sex nicht alles um das Eindringen. Im Gegenteil, die meisten Frauen kommen eher durch Stimulationen der Klitoris und der äußeren Schamlippen. Oralsex, Massagen, Sextoys – viele wünschen sich, dass Männer diesen Praktiken mehr Beachtung schenken. Seine Partnerin auf diese Art stimulieren kann man auch mit einem weichen Penis. Was vielen außerdem nicht klar ist: Orgasmen kann man auch ohne Erektion erleben. Denn dabei sind andere Nervenbahnen beteiligt als bei einer Erektion. Solange der Penis empfindlich ist, steht einem Orgasmus oft vor allem der eigene Kopf im Weg.
Auf den Punkt gebracht
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Achte auf eine gesunde Ernährung und ausreichende Bewegung. Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum können ebenfalls die Lust hemmen.
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Wenn die Beschwerden länger als drei Monate anhalten, solltest du einen Urologen aufsuchen! Bereite dich gut vor, indem du alle Fragen aufschreibst, die du dem Arzt stellen möchtest. Liste auch alle Medikamente auf, die du einnimmst, sowie körperliche Veränderungen wie Gewichtszunahme, Müdigkeit oder Schlafstörungen.
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Falls der Arzt nur Viagra verschreiben möchte, ziehe in Erwägung, einen anderen Arzt aufzusuchen.
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Verwende keine Medikamente aus fragwürdigen Quellen – deine Gesundheit verdient besseres!
Libidoverlust bei Frauen
Zwar wird weibliche Lust ausgiebig erforscht, doch fehlt bislang eine medizinische Definition der weiblichen Unlust. Ab wann wird das Fehlen sexueller Wünsche zu einem gesundheitlichen Problem? Vor allem unter akuten Stressbedingungen ist der Libidoverlust zunächst unbedenklich. Beide Geschlechter haben Phasen sexueller Lustlosigkeit, die wieder vorübergehen. Zu einem Problem werden sie erst, wenn die Frau selbst darunter leidet und eigentlich gerne mehr Freude am Sex hätte. Auch wenn Sexlosigkeit von Müdigkeit oder genereller Lustlosigkeit begleitet wird, ist ein Arztbesuch ratsam.
Mögliche Ursachen
Herzerkrankungen, Diabetes oder auch Störungen des Hormonhaushaltes wie eine Schilddrüsen-Unterfunktion können die weibliche Lust hemmen. Möglich ist auch, dass Prolaktin – auch bekannt als das Lustkiller-Hormon – überproduziert wird. Viele Frauen berichten über ähnliche Wirkungen der Anti-Baby-Pille, die den Hormonhaushalt oft gehörig durcheinanderbringt.
Sexuelle Unlust kann natürlich auch seelische Gründe haben, etwa eine unerkannte Beziehungskrise oder Depressionen. Auch schlechte Erfahrungen oder traumatische Erlebnisse jeglicher Art können das Bettverhalten verändern. Genau wie Männer stehen Frauen meist unter einem hohen gesellschaftlichen Druck, der sich negativ auf ihr Sexleben auswirken kann. Oft fällt neben dem Beruf ein hoher Anteil an Hausarbeit, Kinderbetreuung und Angehörigen-Pflege auf die Schultern der Frauen, was chronische Überlastung mit sich bringen kann. Gerade in solchen Fällen sollten Frauen sich nicht noch zusätzlich unter Druck setzen. Vielleicht lassen sich Wege finden, den Alltag etwas stressfreier zu gestalten. Womöglich hilft auch eine Psychotherapie. Wichtig ist, trotzdem Intimität zu genießen, auch wenn Sex gerade nicht geht: Umarmungen, Küsse und Nähe. Durch ein entspanntes Verhältnis zum Thema kommt die Lust möglicherweise auch von allein zurück.
Auf den Punkt gebracht
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Wenn die fehlende Libido Sie stört oder mit genereller Müdigkeit einhergeht, gehen Sie zum Arzt.
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Bereiten Sie sich gut auf den Arztbesuch vor: Listen Sie alle Medikamente sowie physische Veränderungen in letzter Zeit auf.
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Gesunde Ernährung und vor allem viel Bewegung an der frischen Luft können neue Energie bringen.
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Haben Sie beruflichen Stress, achten Sie darauf, auch mal abzuschalten.
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Setzen Sie sich nicht unter Druck – und lassen Sie sich auch nicht unter Druck setzen.
Sex ist keine Leistung, die auf eine einzige, bestimmte Weise stattfinden muss. Im Gegenteil, Experimente können das Sexleben wahnsinnig bereichern. Mit einer Erektionsstörung verändert sich sicher einiges, doch im besten Fall kann die eigene Beziehung auch intimer, zärtlicher, kreativer werden.
* Name geändert.
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