Was tun bei Rückenschmerzen?
Rückenschmerzen gehören zu den häufigsten Beschwerden in Deutschland. Doch was hilft wirklich dagegen? Wir haben mit Michael Richter, Leiter der Physiotherapie am Rückenzentrum Hamburg, gesprochen. Er erklärt, warum Bewegung so wichtig ist, welche Rolle die Psyche spielt und wann eine Operation nötig ist.
Warum haben so viele Menschen Rückenschmerzen?
Vier von zehn Deutschen haben regelmäßig Rückenschmerzen. Häufig entstehen sie durch Bewegungsmangel, eine ungünstige Sitzhaltung oder Stress. Doch was genau passiert im Körper, wenn der Rücken schmerzt?
Rückenschmerzen können viele verschiedene Ursachen haben – sie entstehen nicht immer durch eine falsche Bewegung oder eine Verletzung. Häufig spielen mehrere Faktoren zusammen.
Welche Ursachen für Rückenschmerzen gibt es?
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Bewegungsmangel und langes Sitzen
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Wer viel sitzt und sich wenig bewegt, riskiert eine geschwächte Rückenmuskulatur. Diese sorgt normalerweise für Stabilität und eine gleichmäßige Belastung der Wirbelsäule. Wird sie nicht trainiert, kann es zu Verspannungen, Fehlhaltungen und Schmerzen kommen.
Michael Richter erklärt: „Wir sitzen zu viel und bewegen uns zu wenig. Wer den ganzen Tag am Arbeitsplatz sitzt, im Auto nach Hause fährt und dann abends auf dem Sofa wieder sitzt, unterfordert sein Herz-Kreislauf-System und den Bewegungsapparat. Das kann zu Beschwerden führen.“
Besonders problematisch ist:
- Langes Sitzen ohne Pausen: Führt zu einseitiger Belastung der Muskulatur.
- Falsche Sitzhaltung: Ein gekrümmter Rücken oder hochgezogene Schultern verstärken Verspannungen.
- Wenig Bewegung im Alltag: Ohne regelmäßige Aktivität verliert die Rückenmuskulatur an Kraft.
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Muskelverspannungen und Fehlhaltungen
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Eine schlechte Körperhaltung kann auf Dauer zu schmerzhaften Verspannungen führen. Typische Auslöser sind:
- Falsche Sitzhaltung am Arbeitsplatz: Ein zu niedriger Schreibtisch, ein ungünstig eingestellter Stuhl und ständiges Vorbeugen zum Bildschirm belasten den Rücken. Erfahre hier, ob Arbeiten im stehen besser ist als im sitzen.
- Schlechte Schlafposition: Eine zu weiche Matratze und ein ungeeignetes Kissen können den Rücken unnatürlich verformen. Lies hier mehr darüber, was zu einem gesunden Schlaf beiträgt.
- Einseitige Belastung: Wer oft schwere Taschen nur auf einer Schulter trägt oder lange in der gleichen Position steht, kann muskuläre Dysbalancen entwickeln. Damit ist ein Ungleichgewicht von Muskeln gemeint, die sich an einem Gelenk treffen.
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Überlastung und falsches Heben
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Rückenschmerzen entstehen nicht nur durch Bewegungsmangel – auch Überlastung oder falsche Bewegungen können Probleme verursachen.
- Schweres Heben ohne richtige Technik: Wer aus dem Rücken hebt, statt in die Knie zu gehen, belastet die Wirbelsäule enorm.
- Plötzliche Überlastung: Ein ungewohnter Kraftakt, zum Beispiel beim Umzug oder bei der Gartenarbeit, kann zu Muskelzerrungen führen.
- Dauerhafte Fehlbelastung: Wer häufig schwere Lasten hebt oder bei der Arbeit einseitige Bewegungen ausführt, riskiert Langzeitschäden.
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Stress und psychische Belastung
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Oft sind es nicht nur körperliche Ursachen, die Schmerzen auslösen. Emotionale Belastungen wie Ärger im Job, Konflikte in der Familie oder Zukunftsängste können Rückenschmerzen verstärken oder sogar chronisch werden lassen.
- Stress und Anspannung: Bei Druck im Job oder privaten Sorgen verspannt sich der Körper unbewusst. Besonders Schulter- und Nackenbereich sind betroffen.
- Ängste und Sorgen: Wer Angst vor Schmerzen hat, bewegt sich oft weniger, was die Muskulatur schwächt und Schmerzen verstärkt. Erfahre hier, wie du Ängste überwinden kannst.
- Chronischer Stress: Führt zu dauerhaft erhöhtem Muskeltonus, was langfristig zu Verspannungen und Schmerzen führt.
Michael Richter erklärt: „Ängste können Schmerzen sogar chronifizieren. Wenn der Rücken zwickt, befürchten viele, dass es bleibende Schäden gibt. Dann bewegen sie sich weniger – was die Beschwerden wiederum verstärkt.“
Ein Teufelskreis beginnt: Wer Schmerzen hat, schont sich, was wiederum die Muskulatur schwächt und die Rückenschmerzen verschlimmert. -
Bandscheibenprobleme und Verschleiß
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In seltenen Fällen können auch ernste Erkrankungen für Rückenschmerzen verantwortlich sein. Dazu gehören:
- Osteoporose: Der Verlust an Knochenmasse kann zu Wirbelbrüchen und starken Schmerzen führen.
- Rheuma und entzündliche Erkrankungen: Morbus Bechterew (chronische Entzündung der kleinen Wirbelgelenke) oder andere chronische Entzündungen können die Wirbelsäule betreffen.
- Infektionen oder Tumore: Sehr selten, aber möglich. Anhaltende Schmerzen ohne erkennbare Ursache sollten ärztlich abgeklärt werden.
Wichtig: In den meisten Fällen sind Rückenschmerzen unspezifisch, das heißt, es gibt keine erkennbare krankheitsbedingten Ursache. Dennoch sollten Schmerzen, die lange anhalten oder sehr stark sind, ärztlich abgeklärt werden.
Wann solltest du zur Ärztin oder zum Arzt gehen?
Oft kann man die Schmerzen durch gezielte Übungen für den Rücken in den Griff bekommen. In manchen Fällen ist aber ein Arztbesuch wichtig.
Die Ärztin oder der Arzt kann die Ursachen abklären und bei Bedarf Behandlungen verordnen. In seltenen Fällen kann eine weiterführende Diagnostik nötig sein.
Du solltest eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen, wenn:
- die Schmerzen länger als sechs Wochen anhalten.
- die Schmerzen in die Beine oder Arme ausstrahlen.
- Taubheitsgefühle oder Lähmungserscheinungen auftreten.
- Fieber oder ungewollter Gewichtsverlust hinzukommen.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es bei Rückenschmerzen?
Wenn Rückenschmerzen nicht von selbst verschwinden oder chronisch werden, gibt es verschiedene medizinische Behandlungsansätze. Welche Therapie sinnvoll ist, hängt von der Ursache und der Schwere der Beschwerden ab.
- Physiotherapie und Krankengymnastik: Gezielte Übungen helfen oft dabei, die Rückenmuskulatur zu stärken, Verspannungen zu lösen und Fehlhaltungen zu korrigieren.
- Medikamentöse Behandlung: Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Paracetamol können akute Beschwerden lindern. In einigen Fällen werden auch andere Medikamente eingesetzt.
- Manuelle Therapie und Massagen: Diese Methoden sind geeignet, um Verspannungen zu lösen und die Beweglichkeit zu verbessern. Sie sollten jedoch immer als Teil eines umfassenden Therapieplans gesehen werden.
- Spritzen und Infiltrationstherapie: Bei starken Schmerzen können Kortison- oder Lokalanästhetika-Spritzen gezielt in den betroffenen Bereich verabreicht werden, um Entzündungen zu hemmen und Schmerzen zu lindern.
- Akupunktur und alternative Verfahren: Einige Studien zeigen, dass Akupunktur oder chiropraktische Behandlungen eine positive Wirkung auf Rückenschmerzen haben können.
- Operationen als letzter Ausweg: In seltenen Fällen braucht es einen chirurgischen Eingriff, zum Beispiel bei Bandscheibenvorfällen, Wirbelkanalverengungen oder schweren Fehlstellungen.
6 Tipps gegen Rückenschmerzen kurz zusammengefasst

Operation bei Rückenschmerzen: Wann ist ein Eingriff wirklich nötig?
Viele Betroffene wünschen sich eine schnelle Lösung und hoffen auf eine MRT-Aufnahme oder sogar eine Operation.
Doch Michael Richter, Leiter der Physiotherapie am Rückenzentrum Hamburg, warnt davor, vorschnell auf bildgebende Verfahren oder chirurgische Eingriffe zu setzen: „Die Ergebnisse aus dem MRT machen vielen Patientinnen und Patienten Angst, weil sie ihnen nicht richtig erklärt werden. Viele Veränderungen sind altersentsprechend und nicht bedrohlich. Deshalb ist es wichtig, eine Zweitmeinung einzuholen.“
Tatsächlich ist eine Operation nur in wenigen Fällen die beste Lösung. Stattdessen empfehlen Expertinnen und Experten einen ganzheitlichen Ansatz, aus Bewegung, gezielter Therapie und – wenn nötig – medikamentöser Unterstützung. Eine ärztliche Beratung hilft, die beste Behandlungsmethode zu finden.
Du stehst vor einer geplanten Rückenoperation und bist unsicher, ob der Eingriff wirklich notwendig ist? Die mkk – meine krankenkasse bietet eine Zweitmeinung durch Spezialisten des Rückenzentrums an. Außerdem bekommst du dort Untersuchung durch Orthopädinnen, Physiotherapeuten und Psychologinnen und eine individuelle Beratung zu operativen und nicht-operativen Alternativen.
Was tun gegen Rückenschmerzen? 6 Tipps für deinen Alltag
Rückenschmerzen lassen sich in vielen Fällen durch einfache Maßnahmen lindern oder sogar ganz vermeiden. Hier sind einige Tipps für den Alltag:
1. Mehr Bewegung in den Alltag einbauen
Regelmäßiges Gehen, Radfahren oder sanftes Stretching hält die Muskulatur flexibel und stark.
Michael Richter rät: „Bewegung, Bewegung, Bewegung – auch wenn’s mal wehtut. Am besten sind Übungen, die ein gesundes Verhältnis zwischen Kraft, Beweglichkeit und Koordination herstellen.“
2. Rückengerechtes Sitzen und Arbeiten
Ergonomische Sitzmöbel nutzen, öfter die Position wechseln und zwischendurch aufstehen.
3. Kraft und Beweglichkeit trainieren
Übungen für die Rückenmuskulatur und die Körpermitte helfen, Schmerzen vorzubeugen.
Michael Richter weiß: „Es gibt keine Sportart, die dem Rücken schadet. Solange sie achtsam betrieben wird und der Patient Spaß daran hat, ist jede Sportart gut für den Rücken und den gesamten Körper.“
Das bedeutet: Wer Freude an einer bestimmten Sportart hat – sei es Yoga, Krafttraining oder Tanzen –, sollte sich nicht verunsichern lassen.
4. Richtig heben & tragen
Beim Heben schwerer Gegenstände in die Knie gehen und den Rücken gerade halten.
5. Stress reduzieren
Entspannungsübungen wie Yoga, Meditation oder Atemtechniken können helfen, Verspannungen zu lösen.
6. Auf eine gesunde Schlafposition achten
Eine gute Matratze und ein ergonomisches Kissen unterstützen eine rückenschonende Haltung.
Fazit: Rückenschmerzen aktiv vorbeugen ist das beste Heilmittel
Rückenschmerzen sind oft harmlos und lassen sich mit Bewegung, gezielten Übungen und Entspannung gut in den Griff bekommen. Auch eine ergonomische Haltung im Alltag hilft.
Halten die Schmerzen an oder sind sehr stark, kann eine ärztliche Abklärung sinnvoll sein. In den meisten Fällen helfen Physiotherapie und Medikamente – eine OP ist nur selten nötig.
Bleib aktiv – das ist der beste Schutz für deinen Rücken!
FAQ – Häufige Fragen zu Rückenschmerzen
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Wie entstehen Rückenschmerzen?
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Die häufigste Ursache ist Bewegungsmangel und langes Sitzen. Aber auch Stress, Muskelverspannungen oder Fehlhaltungen können zu Rückenschmerzen führen.
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Wann sollte ich mit Rückenschmerzen zur Ärztin oder zum Arzt gehen?
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Wenn die Schmerzen länger als sechs Wochen anhalten, sehr stark sind oder in Beine und Arme ausstrahlen, solltest du dir Hilfe suchen.
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Sind Rückenschmerzen gefährlich?
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In den meisten Fällen sind sie harmlos und verschwinden mit Bewegung und gezielten Übungen. Nur selten steckt eine ernsthafte Erkrankung dahinter.
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Hilft Wärme oder Kälte bei Rückenschmerzen?
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Das hängt von der Ursache ab: Wärme entspannt die Muskeln, während Kälte bei akuten Entzündungen und Schwellungen helfen kann.
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Sollte ich mich bei Rückenschmerzen schonen?
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In den meisten Fällen ist Bewegung das beste Mittel gegen Rückenschmerzen. Schon leichte Aktivitäten wie Spazierengehen oder Dehnübungen können helfen.
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Welche Sportarten sind gut für den Rücken?
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Fast alle Sportarten sind rückenfreundlich, solange sie bewusst ausgeführt werden. Besonders empfehlenswert sind Schwimmen, Yoga, Radfahren und Krafttraining.
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Wann ist eine Operation notwendig?
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Eine OP sollte nur als letztes Mittel in Betracht gezogen werden, wenn konservative Maßnahmen nicht helfen und starke Nervenschädigungen vorliegen. Eine Zweitmeinung ist hier besonders wichtig