Kneipp in Kitas

Kurzinterview mit Dr. Sarah Blakeslee

Wie kamen Sie darauf, ein Projekt wie die "Kneippsche Hydrotherapie in Kitas" mit der mkk anzustoßen?

In unserer Forschungsgruppe untersuchen wir verschiedenste präventive und gesundheitsfördernde Anwendungen und Therapien der Naturheilkunde insbesondere im Rahmen der Kinderheilkunde. Die fünf Elemente nach Kneipp bilden ein ganzheitliches gesundheitsförderndes Konzept mit einer langen Tradition, die von viel Erfahrungswissen geprägt ist. Jedoch existieren bisher vom Kneipp-Konzept zu wenig systematisch in Studien erhobene Daten, insbesondere bei Kindern. Ziel unserer Forschung ist es, das Erfahrungswissen durch wissenschaftliche Evidenz klinischer Studien zu ergänzen.

Wie sieht die Umsetzung des Kneipp Konzepts in der Kita/im Kita-Alltag aus? Wo liegen die Herausforderungen?

Im Vorfeld haben wir mit sieben Mitarbeiter*innen in bereits zertifizierte Kneipp-Kitas gesprochen und einiges über Chancen und Herausforderungen von Kneipp-Anwendungen in der Kita erfahren. Selbst die kleinsten Kitakinder sind unglaublich entdeckungsfreudig: ob einer spielerisch Umgang mit kalten Wasser, Ruhephasen im Freien, Kräuter säen oder Barfußlaufen – die verschiedenen Kneipp-Elemente werden gerne von den Kindern angenommen. Die Kinder lernen dabei spielerisch gesundheitsförderliches Verhalten und das quasi „von Kindesbeinen an“. Und was man in jungem Alter lernt, legt den Grundstein für Gesundheitskompetenz auch im Erwachsenenleben. Drei der fünf Kneipp-Elemente – Bewegung, Ernährung und Lebensordnung – lassen sich sehr gut mit den Richtlinien des Berliner Kita Bildungsprogramm vereinbaren. Einige Kitaleitungen haben uns berichtet, dass das Kneipp-Konzept nicht nur Benefits für die Kinder hat, sondern auch zum Wohlbefinden der Mitarbeiter beiträgt. Das werden wir auch mit untersuchen, in dem wir z.B. gezielt die Interaktion zwischen Erzieher*innen und Kindern vor und nach der Einführung des Kneipp Konzepts beobachten.
Die Vielfalt in Berlin bietet zwar viel Raum für kulturelle Begegnung, gleichzeitig entsteht dadurch auch ein Bedarf für den Austausch mit Eltern, die nicht im mitteleuropäischen Kulturkreis sozialisiert sind und die kneippschen Anwendungen daher nicht kennen. Hier sind ausführliche Erklärungen und ein vertrauensvoller Austausch mit den Eltern zwingend notwendig.

Kann an dem Projekt jede interessierte Kita teilnehmen?

Wir starten offiziell Mitte Oktober mit dem Projektvorhaben. Wir konnten fast alle geplanten Kitas in die Studie einschließen und freuen uns sehr, dass unser Angebot und Studie so viel Resonanz bei Berliner Kitas gefunden hat. Dennoch wissen wir aus Erfahrung, dass es immer vorkommen kann, dass Kitas doch kurzfristig von der Studienteilnahme zurücktreten müssen. Sofern interessierte Kitas noch keine Erfahrung mit dem Kneipp Konzept haben und in Berlin ansässig sind, nehmen wir sie daher immer noch gerne in unsere Interessentenliste auf. Natürlich besteht immer das Ziel, Folgestudien zu konzipieren - insbesondere, wenn die Ergebnisse aussagekräftig und positiv sind. Und mit unseren sehr kooperativen Kitas und der guten Kooperation mit der mkk und dem Kneipp-Bund e.V. sehen wir viele Möglichkeiten für die Zukunft.

Wie funktioniert Kneippen? Was passiert im Körper?

Das Konzept von Kneipp ist ein ganzheitliches Gesundheitskonzept, das aus komplexen Zusammenhängen besteht. Allgemein wissen wir, dass Faktoren wie Bewegung, gesunde Ernährung und ein ausgewogener Lebensstil vom Kleinkindalter bis ins hohe Erwachsenenalter vor vielen chronischen Erkrankungen schützen und den gesamten Organismus stärken. Man geht davon aus, dass durch die gezielten thermischen Reize im Rahmen der Kneipp Kaltwasser-Anwendung die körpereigene Immunfunktion und Leistungsfähigkeit gestärkt und die Abwehrkräfte angeregt werden. Nach Abschluss dieser Studie werden wir unter anderem die Fragestellung beantworten können, ob das Kneipp-Konzept zu weniger infektbedingten Kita-Fehltagen führt und, ob es zur Verbesserung der Lebensqualität und der Kita-Atmosphäre beitragen kann.