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Chaos im Kopf

Am Zappelphilipp-Syndrom leiden nicht nur Kinder, sondern auch etwa 2,5 Millionen Erwachsene. Bei den meisten bleibt ADHS unentdeckt.

Interview mit Frau Dr. Astrid Neuy-Lobkowicz über die Symptome und Behandlungsmöglichkeiten.

Frau Dr. Astrid Neuy-Lobkowicz ist Fachärztin für Psychosomatik und Psychotherapie mit Praxen in München und Aschaffenburg und Vorstandsmitglied des Selbsthilfeverbands ADHS Deutschland e. V. Sie hat das Buch "ADHS – Erfolgreiche Strategien für Erwachsene und Kinder" (Klett-Cotta) geschrieben.

Frau Neuy-Lobkowicz, ADHS steht für Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung, was verbirgt sich genau dahinter? ADHS ist eine neurobiologische Störung. Die Kernsymptome sind: Ablenkbarkeit, Unruhe und Schwierigkeiten, sich selbst zu organisieren. Man muss wissen, 80 Prozent der ADHS-Erkrankungen sind genetisch bedingt. Aber auch eine Frühgeburt oder Rauchen in der Schwangerschaft sind Risikofaktoren.

Häufig zeigen sich die Symptome erst im Schulalter, wenn sich Kinder konzentrieren oder still sitzen müssen. Fünf bis sieben Prozent der Kinder leiden an ADHS und etwa 60 Prozent von ihnen haben auch später im Leben noch Symptome.

Wie zeigt sich die Störung bei Erwachsenen? Sehr unterschiedlich. Manche Menschen sind zerstreut, andere kommen nicht in die Gänge und können sich schlecht motivieren. Oft haben ADHS-Patienten starke Stimmungsschwankungen: Sie sind schnell gekränkt, verärgert oder überglücklich. Frauen sind eher unaufmerksam, vergesslich und verträumt, Männer sind eher hyperaktiv und impulsiv.

In welchem Zustand stellen sich erwachsene Patientinnen und Patienten bei Ihnen in der Praxis vor, bei denen Sie dann ADHS diagnostizieren? Viele kommen nach jahrelanger Psychotherapie zu mir und wurden mit Antidepressiva behandelt. ADHS ist ein Risiko für viele andere psychische Erkrankungen, insbesondere Depression, Angststörungen, Erschöpfungssymptomatik und Suchterkrankungen. Viele "medikamentieren" sich selbst mit Nikotin, weil sie das konzentrierter und gelassener macht, oder mit Cannabis, was beruhigt, aber Konzentration und Motivation nicht verbessert.

Welche Auswirkungen hat ADHS im Alltag? Erwachsene Patientinnen und Patienten können schlecht Ordnung halten und die Zeit einschätzen. Sie haben viele Ideen, sind schnell begeistert für eine Sache und verlieren schnell wieder die Lust, wenn Schwierigkeiten auftreten. Oft können Betroffene ihr Potenzial nicht nutzen, weil sie so viele Gedanken gleichzeitig im Kopf haben und so ablenkbar sind. Sie erreichen häufig einen schlechteren Ausbildungsstand, als es ihnen von ihrer Intelligenz her möglich wäre.

Wie wird die Erkrankung behandelt? Laut den Leitlinien der Bundesärztekammer sind Medikamente das erste Mittel der Wahl. Zum Einsatz kommen unter anderem Methylphenidat und Dexamphetamin. Diese Medikamente helfen Menschen mit ADHS, klar und wach zu werden. Sie fühlen sich zudem ausgeglichener, gelassener und müssen nicht mehr so häufig überreagieren. Hilfreich sind Coachings, in denen man lernt, wie man sich besser organisiert, sowie eine Verhaltenstherapie und Sport.

Für meine Patientinnen und Patienten bedeutet bereits die Diagnose eine große Erleichterung. Nach einer langen Odyssee von Behandlungen haben sie endlich das Gefühl, verstanden zu werden. Die Diagnose hilft ihnen meistens auch, sich selbst besser zu akzeptieren und ihre eigene Lebensgeschichte zu verstehen.

Warum bleiben so viele ADHS-Erkrankungen undiagnostiziert? Viele Psychiaterinnen und Psychiater haben nicht die Zeit und die Budgets für die ausführliche Anamnese und das Fachwissen, das dafür notwendig ist. Das ist sehr schade, weil ADHS ein wichtiges und sehr gut zu behandelndes Krankheitsbild ist.

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