Lifestyle oder Essstörung?
Das Thema Essen ist heute überall. Ein Ernährungstrend jagt den nächsten, die Social-Media-Kanäle werden geflutet von unzähligen Food-Fotos. Aber: Was mit dem Wunsch nach einer gesunden Ernährung beginnt, kann der Einstieg in eine gefährliche Essstörung sein.
Wer Freunde zum gemeinsamen Kochen einlädt, braucht häufig gute Nerven. Der eine ist Vegetarier, der andere meidet Eier und Milchprodukte. Weitere Gäste vertragen kein Gluten, reagieren allergisch auf Nüsse oder wollen Kohlenhydrate reduzieren. Und bitte bloß keine Avocado, geschweige denn Ingwer! Ein gemeinsames Menü für zehn Leute zu finden, kann so zur Sisyphusarbeit werden.
Das Thema Essen ist spannend, denn jeder von uns tut es. Seit Menschengedenken prägt das Essen unsere Kultur. Christen feiern ihr Abendmahl mit Wein und Oblaten, Muslime begehen das Fastenbrechen mit einem großen Festmahl, Juden trennen Fleisch und Milch. Ob gläubig oder nicht – zu jedem Fest gehört auch ein gemeinsames Essen. Seitdem wir in der westlichen Welt keinen Hunger mehr leiden, gewinnt das Thema immens an Aufmerksamkeit. Egal, wo man hinschaut: Kaum eine Alltagshandlung bekommt heute so viel Bedeutung wie das Essen.
Food-Fotos auf Instagram, Kochshows im TV, Rezept-Apps
In Onlineforen werden die Vor- und Nachteile verschiedenster Diäten diskutiert. Ernährungsratgeber füllen in den Buchhandlungen viele Regalmeter. Im Fernsehen verfolgen wir, wie Lafer, Lichter, Linster und Co. in die Töpfe gucken. Ob alte Gemüsesorten, Bier-Brauen oder Wildkräuter-Sammeln: Apps liefern Rezepte, Trends und Tipps. Auf Instagram finden sich abertausende kunstvoll arrangierter, perfekt inszenierter Essensfotos. Das Frühstück, der Snack zwischendurch werden so zum medialen Erlebnis. Und für manchen wird die Frage nach der Ernährung lebenswichtig. Die Ernährungsorganisation ProVeg wirbt auf ihrer Webseite für eine vegane Ernährung mit den Worten: "Werden Sie ein Teil der Multiproblemlösung". Was wir essen, hat heute sehr viel mit unseren Werten, den Vorstellungen von Gesundheit und Ethik zu tun.
Das permanente Kreisen um das, was auf den Teller kommt, mag für viele einfach nur ein Mittel zur Selbstdarstellung sein. Für andere können die zahllosen Ernährungstrends aber auch gefährlich werden:
warnt Andreas Schnebel, Diplom-Psychologe und Vorsitzender des Bundesfachverbands Essstörungen (BFE).
Essstörungen sind ernste Krankheiten und müssen behandelt werden
Bei Essstörungen gibt es nicht den einen Auslöser, es kommen immer verschiedene Faktoren zusammen. Das können biologische Ursachen sein wie eine genetische Veranlagung oder auch familiäre Einflüsse, zum Beispiel ein hoher Leistungs- und Erfolgsdruck. Häufig basieren Essstörungen auch auf traumatischen Erlebnissen wie sexuellem Missbrauch. Ob klapperdünne Models auf den Laufstegen oder Schlankheits-Wettbewerbe in den sozialen Medien – die gängigen Klischees tun ihr Übriges.
- Nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung leiden etwa drei bis fünf Prozent der Deutschen an einer Essstörung, betroffen sind vor allem junge Frauen.
- Aber: Etwa ein Fünftel der Jugendlichen von elf bis 17 Jahren zeigt einzelne Symptome wie Unzufriedenheit mit der Figur oder Heißhungeranfälle.
- Fast die Hälfte der 15-jährigen Mädchen empfindet sich als zu dick – trotz normalem Gewicht.
Manchmal ist es gar nicht so leicht zu unterscheiden, ob jemand mehr Obst und Gemüse auf den Speiseplan setzt oder am Anfang einer schwerwiegenden Erkrankung steht. Wieviel Fokus auf das Essen ist gesund?
Wer das Gefühl hat, die Kontrolle über sein Essverhalten zu verlieren, findet Hilfe bei zahlreichen Beratungsstellen in ganz Deutschland. Adressen versammelt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Eine Essstörung anzuerkennen ist immer der wichtigste Schritt zurück in ein selbstbestimmtes Leben.
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