Ihr Internet Browser wird nicht unterstützt
Um alle Funktionen dieser Webseite korrekt nutzen zu können, verwenden sie bitte einen anderen Internet Browser.

Telematikinfrastruktur

Wer das Gesundheitswesen digitalisieren will, braucht einen langen Atem, sagt Christian Lange, TI-Projektleiter bei der mkk. Aber die Aussicht, damit das Leben der Kunden und Kundinnen zu verbessern, lohnt den Aufwand.

Herr Lange, das anfangs überschaubare Projekt elektronische Gesundheitsakte hat sich im Jahr 2021 zum Großthema Telematikinfrastruktur (TI) in der mkk ausgeweitet.

Im vergangenen Jahr sind wesentliche digitale Themen stark in den Fokus gerückt: Sei es das E-Rezept, die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, eAU, aber auch die weiteren Ausbauschritte der TI, wie E-Messenger, Notfalldaten Management und elektronischer Medikationsplan. Das neue Rückgrat vieler Anwendungen ist KIM, der einheitliche Standard für die Übermittlung elektronischer Dokumente im Gesundheitswesen. Und weil alles mit allem zusammenspielt, wurde aus dem Projekt "elektronische Patientenakte (ePA)" im vergangenen Jahr das TI-Projekt. Diese neuen Potenziale binden eben auch Ressourcen.

TI-Experte Christian Lange
Christian Lange arbeitet bei der BKK VBU als Projektmanager und koordiniert die Themen um den digitalen Wandel.

Wie stemmen Sie diese Aufgaben in der mkk?

Unser Kernteam haben wir von anfangs 7 Mitarbeitenden auf 16 aufgestockt. Und etwa 50 Botschafter und Botschafterinnen verbreiten die digitalen Themen im Haus. Natürlich arbeiten nicht alle hauptberuflich hierzu, aber in dem Maße, wie die Aufgaben wachsen, wächst auch unsere Aufmerksamkeit für diese Themen.

Im vergangenen Jahr haben wir intensive Grundlagenarbeit geleistet. Einen größeren Benefit erwarte ich in diesem Jahr, wenn die eAU verpflichtend und das E-Rezept in zunächst zwei Bundesländern eingeführt werden. Auch die Hinterlegung der Notfalldaten und des Medikationsplans auf der eGK und in der ePA 2.0 versprechen Erleichterung. Für die Patientinnen und Patienten, für die behandelnden Ärztinnen und Ärzte wie für uns als Kasse: Wenn Doppeluntersuchungen minimiert werden, spart das Ausgaben.

Wenn im Notfall die gesundheitlichen Daten des Patienten oder der Patientin schnell abgerufen werden können, verspricht dies eine bessere medizinische Versorgung. Wenn der Medikationsplan eingesehen werden kann, sind Fehlmedikationen und entsprechende Folgen vermeidbar. Für diese Resultate lohnt sich der Aufwand auf jeden Fall.

Wo erwarten Sie Arbeitserleichterungen?

Wenn wir keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mehr einscannen müssen, minimiert dies Arbeitsaufwände. Die Kundinnen und Kunden reichen die Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit nicht mehr bei der Krankenkasse und dem Arbeitgeber ein und sparen sich die Kosten für Briefumschläge und Porto.

Zudem werden auch Fristen nicht mehr überschritten, wenn die Versicherten sich beispielsweise im Krankengeldbezug befinden. Auch das E-Rezept bringt Mehrwerte für sie mit. Sie können das Rezept direkt vom Smartphone an die Apotheke leiten und diese könnte es ihnen umstandslos nach Hause liefern. Insgesamt bietet die TI für alle Beteiligten einen erheblichen Mehrwert.

Arzt hält mobiles Tablet und Smartphone in den Händen

Wie erklären Sie sich die zögerliche Akzeptanz der ePA und anderer Anwendungen?

Ja, die Bereitschaft der Krankenhäuser und Ärzte, sich der Digitalisierung anzuschließen, war 2021 eher verhalten. Momentan kann etwa ein Drittel der Ärztinnen und Ärzte die ePA mit Diagnosen, Befunden und anderen Daten befüllen.

Es gibt seit Längerem Versorgungslücken bei den Konnektoren, noch nicht alle Leistungserbringer haben ihren elektronischen Heilberufsausweis, der ja wichtig ist für die Teilnahme an der TI. Bei den Krankenhäusern sieht es sogar noch schlimmer aus, sie sind derzeit praktisch gänzlich außen vor.

Und bei den Krankenkassen?

Wir mussten alle Voraussetzungen für die ePA zu Jahresbeginn 2021 erfüllt haben; Ärztinnen und Ärzte erhielten eine Verlängerung bis Juli. Dies hat die verzögerte Bereitschaft zur Nutzung der TI sicherlich unterstützt.

Erleben Sie die mkk als Vorreiterin der Digitalisierung?

Dieses Gefühl habe ich. Wir sind nun nicht die größte Krankenkasse, beschäftigen uns aber intensiv mit der Thematik. Wir nehmen sie ernst, stehen voll hinter dem Projekt und tun alles dafür, dass der digitale Wandel gelingt. Denn letztlich profitieren alle Beteiligten davon. Als Pilotkrankenkasse waren wir von der ersten Sekunde an in das Projekt eAU involviert. Dies hat uns nicht nur einen enormen Wissensvorsprung eingebracht. Wir kennen den Prozess seit Beginn und konnten ihn beeinflussen. Das ist ein Handlungsvorteil.

Zwei Frauen halten ein mobiles Gerät in der Hand

Wird die TI eine neue Kultur in das Gesundheitswesen bringen?

Ja. Noch feiern wir jede neu aktivierte ePA. Aber auf mittlere Sicht wird das System komplett digital funktionieren. Zurzeit sind wir in einer Phase, in der ein Bauer sät. Wir werden gegen Ende dieses Jahres die ersten Früchte ernten. Bald kommt die eAU flächendeckend, dann erleben alle Beteiligten den Nutzen der digitalen Welt.

Ihr Optimismus wird nicht dadurch getrübt, dass seit Ende 2021 ein eklatanter Chipmangel das Projekt Digitalisierung torpediert?

Wir haben ab August 2021 intensiv auf drohende Lieferengpässe hingewiesen. Doch leider wurde die Botschaft auch in den Gremien des Gesundheitswesens nicht überall gehört. Aktuell haben wir die Situation, dass die Leistungserbringer teilweise Ersatzbescheinigungen akzeptieren müssen.

Aber in dieser intensiven Situation schärft sich unser Weitblick für die Herausforderungen des Themas. Und es gibt durchaus positive Aspekte. So haben wir uns jetzt mit acht weiteren Krankenkassen zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen, um die eGK-Themen zukünftig gemeinsam voranzutreiben, im Sinne unser aller Versicherten.

Sie haben im März 2020 das TI-Projekt übernommen. Ahnten Sie da schon, einen so langen Atem haben zu müssen?

Nein. Vor zwei Jahren glaubte ich, die ePA würde rasch umgesetzt. Um im Bild zu bleiben: Ich dachte eher an einen gemütlichen Spaziergang. Dass es ein Langstreckenlauf wird, habe ich nicht geahnt. Und wir reden derzeit ja nur von der Implementierung der nationalen TI. Dabei müssen wir heute schon an die Anpassung der Systeme europaweit denken.

Blick von oben auf die Hauptverwaltung der BKK VBU in Berlin

Hier gelangen Sie zurück zur Startseite des Geschäftsberichts 2021.

nach oben